Till Death…

(aus “ Vault of Horror” Nr. 28, im Dezember 1952 von EC Comics veröffentlicht)

Steve und Donna sind zwei Amerikaner, die auf Haiti eine Plantage betreiben. Aber es sind nette Amerikaner. Sie sind keine Ausbeuter (es gibt auch solche Horrorgeschichten), sondern freundlich zu ihren Arbeitern und den Eingeborenen. Steve und Donna lieben sich sehr, doch eines Tages wird Donna von einem tödlichen Dschungelfieber dahingerafft.

Steve trauert. Zeichner Johnny Craig fängt dies in drei stummen Panels in der Totalen ein. Jebco, der freundliche haitianische Vorarbeiter, will Steve etwas Gutes tun und stellt ihm eine Frage, die sich im Nachhinein als fatal erweisen wird: „Hätten Sie sie gerne zurück?“ Er spricht in Andeutungen, und Steve seufzt: „Sie war mein ein und alles. Ich liebe sie auf ewig.” Das Fantastische geschieht: Jebco und die Eingeborenen beleben die tote Donna in einem Voodoo-Ritual wieder! Wir sind ja nicht umsonst auf Haiti.

Donna ist ein Zombie. Sie kann nicht reden, sie kann nicht denken, aber schaut aus wie am Tag, als sie verstorben ist. Steve ist überglücklich, er fasst sie bei den Schultern, er strahlt sie an, und hinter ihnen geht die Sonne auf. Das Glück scheint perfekt. Doch nur für kurze Zeit. Donna beginnt… zu riechen. Und Fliegen umschwirren sie. Sie beginnt zu verwesen. Und als Donna ihn morgens wieder mal küssen will, fährt Steve erschrocken hoch und ruft: „Nicht küssen, ich bin doch schon wach!“

Der Traum wird zum Alptraum, und der mittlerweile gequälte Steve versucht sich seiner Gemahlin zu entledigen. Mit Kugeln aus einer Pistole, mit dem Versuch sie zu ertränken, mit einem langen Küchenmesser, doch einen Zombie kannst du nicht töten.

Schließlich setzt er sie weit weg im Dschungel aus und hofft darauf, dass sie den Weg nie zurückfinden wird. Der Plan geht auf und Steves Nerven kommen zur Ruhe, er entspannt sich, hofft bald wieder was essen zu können. Aber Pustekuchen! Als Jebco ihm die Rückkehr der inzwischen grauenvoll aussehenden Toten meldet, stürzt er panisch  ins Haus  und begeht Suizid mittels Gift.

Der einzige Ausweg, die einzige Chance dem Zombie zu entkommen, ist die Selbstzerstörung. Wieder drei stumme Panels mit starker Wirkung, das mittlere bleibt sogar schwarz. Der Leser begreift instinktiv, in welches Leben Steve da wieder erwacht.

Trommeln wecken ihn. Eingeborene. Sie tanzen, sie singen. Ein Voodoo-Ritual. Und Jebco strahlt: „Alles wird gut, Bwana Steve. Sie sind jetzt für immer zusammen mit Miss Donna.“

Ich gestehe: „Till Death…“ ist meine absolute Lieblings-Horrorgeschichte. Welch atemberaubende Attacke auf unsere oberflächliche Vorstellung romantischer Liebe! Ich finde, man kann diese Geschichte auch lesen als schwarze Parodie auf die Liebe über den Tod hinaus. „Till Death…“ entkitscht das Ideal der so flott geschworenen ewigen Liebe ganz gehörig. Darin ist sie subversiv. Geheiratet hab ich trotzdem. Aber loslassen wird mich dieser 8-Seiten-Comic nie wieder.

Till7Weil er eine unfassbar gute Story bietet. Und diese auch in allen Nuancen auskostet. Dahin geht, wo es richtig weh tut. Al Feldsteins Skript und Johnny Craigs Artwork sind auf der Höhe ihres Könnens und beweisen mal locker, dass ein Comicheftchen jeden Film und jedes Buch in den Schatten stellen kann. Das ist nicht allzu oft passiert.

Die Faszination an FIFTIES HORROR liegt darin, dass man echte „Gesamtkunstwerke“ entdecken kann. Dann schlägt man ein anderes Heft auf – und bricht zusammen, weil man einen Riesenquark über mutierte Ameisen um die Ohren gehauen bekommt. Oder mordende Toupets. Größenwahnsinnige Vampire. Irre Künstler. Faszinierend.

Übrigens ist „Till Death…“ wieder einer dieser Geschichten, die in der fantastischen „You“-Form (zweite Person) erzählt werden („You open the bottle marked ‚Poison‘ and drink!“).  Die begegnet einem ab und an in diesen alten Comics. Ich finde die wunderbar, denn sie lädt den Leser effektiv wie elegant zur Identifikation mit der Hauptfigur ein (ein „Steve opened the bottle marked ‚Poison‘ and drank!“ klingt in seiner Distanziertheit schon fast beleidigend – wenn man dieses „You“ einmal geschluckt hat. Das You bitte, nicht das Gift). Ahem.

 


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