(aus “Marvel Tales” Nr. 127, im Oktober 1954 von Atlas Comics veröffentlicht)
Diese Geschichte spielt in der Welt der Vampire. Mit Mutter Vampir und Vater Vampir und Baby Vampir. Baby-Vampir ist ein wenig schwächlich und bedarf besonderer Pflege der liebenden Eltern. Sie leben in kuscheligen Särgen auf dem örtlichen Friedhof. Sieben Jahre später bekommt Baby-Vampir einen Bruder, Igor. Dieser wächst und gedeiht prächtig, wird in nur wenigen Jahren zum Vorzeigevampir der Gemeinde und überflügelt seinen großen (aber schwachen) Bruder um Längen (bzw. Flügelspannen).
Der Ältere verzehrt sich vor Neid und Eifersucht. Er sucht eine Hexe auf, die Vampire hasst. Sie gibt ihm einen magischen Trank, der Igors Verderben sein wird. Ohne jeden Skrupel träufelt der Bruder dem verhassten Igor den Trank auf seine Vampirschwingen.
Kurz darauf erstarren sie in Lähmung, und Igor wird beim nächsten Raubzug von einer erbosten Menschenmenge gestellt und gepfählt. Triumphal kehrt der rachsüchtige Vampir zu seinen Eltern zurück. Die aber offenbaren ihm, dass er durch diese Tat das eigene Leben verwirkt habe. Igor sei eine Art Organspender für ihn gewesen, nun müsse er an seiner Erbkrankheit zugrunde gehen. Der Vampir schleicht ins Unterholz und pfählt sich selbst mit einem spitzen Ast. Im Sterben ist ihm, als höre er das hämische Gekreisch der alten Hexe.
In der Ich-Form erzählte ironische Geschichte mit überraschend bitterem Twist. Nur zu leicht identifizieren wir uns mit dem schwächlichen Vampir, der anschauen muss, wie ihm das Nesthäkchen die Show stiehlt.
Liebevoll schwärmt der Vater: „Hast du je ein Kind seines Alters mit solch herrlichen Reißzähnen gesehen?“ – und der Bruder hockt tränenden Auges daneben.
Der immer beachtliche Gene Colan leistet ganze Arbeit in seinen der Stimmung angemessenen Bildperspektiven. Und obwohl diese Story massiv konstruiert ist, besticht sie doch durch die hübsche Selbstverständlichkeit der Vampirsicht der Dinge, die Dramatik der allzu menschlichen Motive, und ein (für den Atlas-Verlag) dickes und ausführliches Ende. Kein schneller ironischer Bruch wie sonst meistens praktiziert, sondern ganze fünf textlastige Schluss-Panels lang werden die Nuancen dieser Tragödie ausgekostet. Erstaunlich literarisch.
Nachtrag Dezember 2013: Diese Geschichte (und zwei weitere Wunderwerke von Colan aus der Atlas-Serie MARVEL TALES) sind endlich komplett im Internet veröffentlicht. Nachzulesen HIER auf dem wundervollen Blog „Pappys Golden Age Comics“!