I Killed Mary

(aus “Weird Mysteries” Nr. 8, im Januar 1954 von Gillmor veröffentlicht)

Es sind die entgrenzenden, die brutalen, die geschmacksverletzenden Geschichten, die bei Sammlern die höchsten Preise erzielen. So auch die Produkte aus dem Verlagshaus Gillmor (die auch unter den Namen Stanmor und Key Publications firmierten). Hier ein Beispiel, das spontan Verständnis für die heraufdämmernde Zensur weckt.

Robby war schon immer ein Außenseiter – ungelenk, unbeliebt und schüchtern. Als junger Mann will er das, was alle Jungs wollen, nämlich sexuelle Erfahrungen. Als er eines Tages mit der verführerischen Mary in einer Scheune landet, zögert er nicht zu handeln. Was dann geschieht, ist zunächst schockierend und anschließend verstörend.

Äußerst fraglich, ob solche Werke eigentlich dem Horror-Genre zugerechnet werden sollten. Schauen Sie selbst.

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Ich möchte solchen Geschichten die Horrorlizenz entziehen, denn faktisch ist dies ein perverser Triebmord ohne jeden mystischen Aspekt. Wieder taucht das Problem der Eingrenzung auf. Solche Hefte (wie auch die eleganten Hassmorde aus den CRIME SUSPENSTORIES von EC) hängen genau zwischen Horror und Crime. Denn das überwiegende Gros der „crime comic books“ handelt nicht von Morden im privaten Bereich, sondern von organisierter Bandenkriminalität im direkten Konflikt mit der Polizei.

Doch zurück zu „I Killed Mary“. Diese Geschichte ist roh und krank und  frauenverachtend, mit einem Wort: psycho!

Robby verzehrt sich vor Verlangen nach der wilden, rothaarigen (schlamperten?) Mary, die sich so lasziv wie nur irgend möglich vor ihm ins Heu drapiert. Da muss ein Mann seine Triebe abführen, per Geschlechtsteil oder Hackebeil.

Das ist exakt der Stoff, aus dem einige Jahre später Underground-Filme werden. Regisseure wie Roger Corman nehmen sich solcher „Schmuddel-Stoffe“ an und kreieren daraus eine cineastische Subkultur. Diese prägt wiederum das heutige Mainstream-Kino, und so beißt sich die Katze in den Schwanz. Und wer isses schuld? Wie immer FIFTIES HORROR!

Die grafisch weitaus drastischere Schwarz-Weiß-Neufassung von Dick Ayers namens „I Chopped Her Head Off“ aus dem Jahr 1970 (mehrfach veröffentlicht in den berüchtigten Eerie Publications) darf man schon dem Splatter-Genre zuordnen – vielleicht auch hier eine Initialzündung, wer weiß?
Ich poste diese Version hier im Anschluss – auch um mal den „Qualitäts“-Sprung in die 1970er-Jahre zu demonstrieren. Das Artwork von Ayers (unten) ist sehr viel eigenständiger als das der Billigzeichner Trapani & Finocchiaro (oben), die deutlich aus EC-Stories von Jack Davis und Jack Kamen ’swipen‘ (auf Deutsch: klauen).
Also MIR ist mein FIFTIES HORROR lieber als die kranke Scheiße, die nun folgt:

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Ein Gedanke zu „I Killed Mary

  1. Der Terrorfachmann

    Sehr schön, zwei Klassiker ihres Genres. Allerdings frage ich mich beim Lesen ein Bisschen: Ist die Geschichte wirklich frauenverachtend? Extrem gestört auf jeden Fall, es wird auch, wie oft in den fifties-horror-comics, eine Verbindung von Sexualität und Gewalt dargestellt. Aber zwar ist die gute Mary schon ein bisschen unsympathisch, aber der Mörder wird schließlich wesentlich erbärmlicher dargestellt. Und außerdem ist er ein Psychopath, eindeutig keine Identifikationsfigur. Und würde er sie nicht zerhacken, würde der Geschichte irgendwie der Horroraspekt fehlen 🙂

    Und bezüglich der 70er-Version: Muss sagen, dass ich das Original wesentlich bedrückender finde. Bei Dick Ayers ist das Rumgesplatter so over the top (und teilweise physikalisch inakkurat), dass man den Mord nicht mehr wirklich ernst nehmen kann.

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