(aus “Mysterious Adventures” Nr. 21, im August 1954 von Story Comics veröffentlicht)
Paul vermählt sich mit Nora und macht ihr eine wertvolle Halskette, ein Familienerbstück, zum Brautgeschenk. Doch Nora ist eine falsche Schlange und ist nur auf Pauls Vermögen aus. Gemeinsam mit ihrem Kompagnon und Geliebten Bart setzt sie einen perfiden Plan in Bewegung: Sie bringen Paul um und fingieren dies als Selbstmord. Dann jedoch ergeben sich unerwartete Konsequenzen…
Diese Geschichte ist um eine ungewöhnliche Erzählperspektive herum konstruiert. Aus der ersten Person berichtet uns eine Halskette von den Ereignissen, die sich abgespielt haben. „Choker“ übrigens ist ein schäbiges Wortspiel, heißt soviel wie „Würger“ und bezeichnet sowohl eine Art von Halsschmuck als auch einen Menschen, dem die Luft ausgeht. Beides wird im Folgenden ausgiebig präsentiert.
Warnung: Diese Geschichte ist wirklich widerwärtig. Wem die erhängte Figur im Eröffnungsbild zu heftig ist, sollte besser nicht weiterlesen.
„The Choker“ wartet mit den schlimmsten Erhängungs-Darstellungen auf, die mir aus dem Precode-Horror bekannt sind. Ich zeige diese sieben Seiten, weil ich das Spektrum in der Kategorie „Ugly“ weiter ausloten möchte.
Seite 5 ist schwer erträglich, selten bekommt man einen sadistischen Mord in dieser Ausführlichkeit zu sehen. Das ist keine Geschichte, die man nochmal lesen möchte. Schütteln wir sie lieber ab und schauen auf ein paar formale Aspekte.
Ich behaupte, „The Choker“ versucht sich an EC-Mechanismen (gemeint ist der Verlag EC, Entertaining Comics). Die kunstvolle Erzählung in der ersten Person (aus Sicht der Halskette) soll literarische Qualität vorgaukeln, wirkt jedoch weit hergeholt und schräg (eine Halskette erzählt!).
EC ist mit sowas durchgekommen (wenn sie z.B. ein leeres Grab haben erzählen lassen), und zwei Ausgaben zuvor (in den MYSTERIOUS ADVENTURES Nr. 19) hat derselbe Zeichner einen Sarg erzählen lassen, das hat deutlich besser funktioniert. Eine Beschreibung dieser Geschichte („The Coffin“) findet sich HIER.
Typisch für EC auch die mörderische Dreiecks-Geschichte um Mann, Frau und Liebhaber. Meistens rächt sich ein gehörnter Ehemann an der untreuen Frau. Manchmal verbünden sich Frau und Liebhaber, um den Mann aus dem Weg zu räumen. So auch hier. Und „The Choker“ wird nur durch die magische Halskette zur Horrorstory. Sonst hätten wir es mit einer Crime- oder Terror-Geschichte zu tun.
Und drittens sehe ich zeichnerisch eine „Hommage“ an den EC-Starzeichner Johnny Craig, der auf dem Titel der CRIME SUSPENSTORIES Nr. 20 vom Dezember 1953 einen Erhängten in Nahaufnahme zeigt (s. Abb. anbei). Der Hals des Toten ist auf markante Weise gebrochen, seine Wirbelsäule steht unter der Haut deutlich ab. Derselben schockierenden Darstellung begegnen wir gleich dreimal in „The Choker“.
Fazit: Der Story-Verlag knallt erneut durch die Schallmauer des guten Geschmacks und verstört mit der Darstellung fieser Intrigen und grausamer Gewalt. Nach dieser Lektüre kann ich Verständnis für die Installation einer Zensurbehörde aufbringen (die im Herbst 1954 eingerichtet wurde).