CHARLTON HORROR

Der Charlton-Verlag veröffentlichte ca. 31 Horrorhefte. Die Zahl ist deshalb schwammig, da einige Ausgaben mehr in das Genre „Crime Comics“ fallen, andererseits manche ihrer Gangsterhefte Tendenzen zum Horror aufweisen. Auslegungssache.

Unbestritten ist, dass ein junges, unerfahrenes Team von Greenhorns zum Jahresanfang 1952 ein Gruselheft mit dem drolligen Titel THE THING auflegt. Das titelgebende „Ding“ stakst in den beiden ersten Ausgaben noch als Alien durch die Welt, dann erfolgt dessen Umwidmung zum körperlosen Erzähler der Serie.

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CHARLTON HORROR zelebriert Gewalt und geht dahin, wo’s weh tut. Rattenhorror von Steve Ditko.

Das heißt, viele Geschichten werden begleitet von einem unsichtbaren Erzähler (wie eine Stimme aus dem „Off“) – das ist einerseits originell, andererseits komplett gaga.
Mich persönlich nervt es wahnsinnig, dass Charlton in einigen Geschichten sämtliche im Text vorkommenden Wortkombinationen mit „thing“ (auch in Sprechblasen von Charakteren!) in anderer Typo lettert („Is there someTHING you want to tell me, dear?“). Nur um daran zu erinnern, dass wir uns im Heft THE THING befinden. Macht mich rasend.

Die Sensation ereignet sich mit Heft Nummer 12. Ein weiteres Greenhorn namens Steve Ditko betritt die Szene und reißt mit seinen gewagten Zeichnungen alles mit. Er ist zwar nur an 9 Heften beteiligt, kann in dieser halbjährigen Phase jedoch CHARLTON HORROR seinen Stempel aufdrücken – und füllt diese 9 irren Ausgaben fast alleine.

Zeitgleich erweitert Charlton sein Angebot. Der Fawcett-Verlag hat die Segel gestrichen, und zwei seiner Horrortitel werden vom neu formierten Team um Ditko fortgeführt. Drei Serien tragen somit ab 1954 das Signet von Charlton Comics:

THE THING 

STRANGE SUSPENSE STORIES                        (vormals Fawcett)

THIS MAGAZINE IS HAUNTED                       (vormals Fawcett)

Die Cover-Gestaltung bei Charlton favorisiert meist dicht bevölkerte Aktions-Szenen. Manchmal ein wenig wirr, immer äußerst bunt, die von Ditko sind die besten (fast unnötig zu erwähnen).
Die Geschichten im Innenteil sind oft speziell, haben einen eigenen „Biss“. Die Hefte mit Ditko und auch viele danach haben mir in ihrer Machart und Schreibe imponiert; man darf sie getrost zu den Höhepunkten des Pre-Code-Horrors rechnen. Sie sind oft grenzverletzend und beunruhigend – aber nicht auf die billige Art der Trashverlage.

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Splash-Page von Steve Ditko

CHARLTON HORROR besticht durch eine rabiate Brutalität. In der Prä-Ditko-Phase (die hauptsächlich von dem klotzigen und kantigem Tintenschwinger Bob Forgione gestaltet wurde) fällt dies noch nicht groß auf; mit Ditko jedoch halten deftige, grafische Schockbilder Einzug in die Hefte (siehe die Beispielpanels oben).
Der Verlag scheint sich dieses „Stils“ als Erkennungsmerkmal bedient zu haben.
Denn nach dessen Fortgang übernehmen neue Kräfte wie Dick Ayers und Seymour Moskowitz nahtlos das Zelebrieren grafischer Grausamkeiten.

Die repräsentative Splash-Page kommt natürlich – wie könnte es anders sein? – von Steve Ditko. Typisch für ihn die Dämonenfratzen mit den aufgerissen Augen.

Abschließend möchte ich noch lobend hinweisen auf das Titel-Logo der originären Charlton-Reihe THE THING.
Wie Sie sehen, ist dieser Schriftzug ausgefüllt mit miniaturesken Horrorszenarien. Der Punkt des Ausrufungszeichens ist sogar ein Auge! Höchst kreativ und außergewöhnlich. Hab ich zuvor noch nie gesehen.
Nachgemacht hat diesen Trick dann niemand anderes als ECs Humorzeitschrift MAD (die ab der Nr. 24 die Buchstaben M-A-D mit lustigen Miniaturen füllt). Ach, schaut’s doch selber nach…

ThingyDetailLeider verzichtet Charlton ab THE THING Nr. 13 auf diese hübsche Idee und lässt das Logo in fettem, leerem Weiß erstrahlen. Genau zu dem Zeitpunkt, an welchem sich Steve Ditko im Verlag etabliert. Seltsam, aber bei CHARLTON HORROR ist alles mit dem Namen Ditko verknüpft.

Wer mehr wissen möchte, ist herzlich eingeladen, meine englische Webseite CHARLTON HORROR (auch dort abgehandelt werden die Hefte des Verlags FAWCETT) zu studieren. Auf jeden Fall empfehle ich den Blick auf meine Auswahl von Charlton-Horrorgeschichten (bunt gemischt), die ich ebendort unter dem Menüpunkt „Stories“ präsentiere.

 

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