Face of Stone

(aus “Journey into Unknown Worlds” Nr. 8, im Dezember 1951 von Atlas Comics veröffentlicht)

Die Kritiker feiern den Bildhauer Lucifer Marsh. Der Maestro mischt sich auch gerne unter seine Bewunderer – und baggert hübsche Frauen an. Jane soll für ihn Modell stehen. Janes Freund ist eifersüchtig und will ihr die Aktion verbieten, woraufhin Jane ihm kurzerhand den Laufpass gibt. Ahnungslos betritt sie Marshs Atelier, und das Grauen nimmt seinen Lauf.

Liebe Leserinnen, halten Sie sich fern von Bildhauern, stehen Sie ihnen auf keinen Fall Modell – und wenn, dann bringen Sie bitte einen Leibwächter mit.

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My, oh my. Das ist aber praktisch für jeden Bildhauer: ein Versteinerungs-Drink!
Anstatt von einem großen Stein alles wegzukloppen, was nicht nach schöner Frau ausschaut, muss man nur einen großen Hexenkessel eines magischen Gebräus anrühren. Versteinerungs-Drink, welch ein Blödsinn!
Klasse ist aber, dass der sterbende Künstler sich noch in eine genialische Pose wirft. Nur das arrogante Lächeln missrät ihm am Ende. Dumm gelaufen.

Artwork wieder mal vom soliden Paul Reinman, der uns in diesem Sommer und auf dieser Webseite öfter begegnet.

„Face of Stone” erinnert mich an eine EC-Geschichte, nämlich Johnny Craigs „Silver Threads Among the Mold!“ aus VAULT OF HORROR Nr. 27 (Oktober 1952). Liegt hier einer der EXTREM seltenen Fälle vor, bei denen EC von der Konkurrenz abgekupfert hat? Und nicht, wie sonst üblich, umgekehrt? Klopfen wir es mal drauf ab:

FaceStoneSplashDer Bildhauer Cedric Harrington ist verliebt in sein Modell, Christine. Die aber trifft sich heimlich mit Gary und will Harrington verlassen.
Es kommt zum Streit, Christine wird vom eifersüchtigen Künstler ermordet und zur Statue verarbeitet. Gary konfrontiert Harrington, findet aber nur die Statue vor. Ihm dämmert, was geschehen ist.

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Langsamer Aufbau der schockierenden Entdeckung (das nächste Bild zeigt in Großaufnahme ein skelettiertes Gesicht). Das erspare ich Ihnen!

Johnny Craig, der die Geschichte auch verfasste, geht viel eleganter vor: Er verdreht die Eifersuchtssituation dieses Dreiecks, was dem Bildhauer ein plausibles Mordmotiv gibt. Die eher auf erwachsene Leserschaft zielenden EC-Hefte bringen zudem die sexuelle Komponente stärker ins Spiel: Christine scheint auch Harringtons bezahlte Mätresse gewesen zu sein.
In der Atlas-Variante versteht sich der Künstler zwar auf Komplimente, aber hart wird es bei ihm nur dank seines Zaubertranks (Entschuldigung).
Des Weiteren kommt bei EC keine Magie zum Einsatz, sondern eine ausgeklügelte Apparatur, die sogar im Querschnitt erklärt wird (s. unten).
Der Horror liegt hier nicht in mysteriösen Versteinerungsflüchen, sondern im Entdecken der Leiche (was auf über einer Seite aufgerollt wird).

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Geübte Horrorleser ahnen, wer da gleich anstelle der Silhouette im Metallisierungs-Tank stehen wird…

Auffällig sind aber einige Parallelen zwischen beiden Geschichten:
Das Dachatelier mit dem Fenster zum Himmel, die Wandlung der Frau zur Statue – und natürlich der Besuch des Liebhabers im Atelier, bei der er zunächst nichtsahnend seiner infam getöteten Frau ansichtig wird.
Denkbar, dass Craig (der tödliche Dreiecksbeziehungen als Handlungsmuster liebte!) die Atlas-Idee zu einer eigenen Geschichte… modellierte.


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