Der Ace-Verlag veröffentlichte 102 Horrorhefte (4 davon noch unter dem Code 1955) und ist damit (nach Atlas und ACG) der drittgrößte Pre-Code-Horror-Produzent.
Überhaupt ist Ace ein Schwergewicht der Comiclandschaft zwischen 1940 und 1955. Umso erstaunlicher, dass Ace weder eine Forschergemeinschaft noch Fans aufweisen kann!
Das ist in höchstem Maße ungerecht, denn die Hefte von Ace zeichnen sich durch solides Artwork und literarische Qualität aus. Sie waren eben nicht so reißerisch wie manch andere.
Dummerweise waren sie auch nie Trendsetter, Marktführer oder hatten einen memorablen Superhelden im Stall (betrachtet man Serien wie FOUR FAVORITES oder SUPER-MYSTERY COMICS, beide aus den 1940er-Jahren):
„Magno and Davey“ (den unvermeidlichen ‚kiddie sidekick‘)? Den magischen Schwertkämpfer „The Sword“? Den Detektiv „Mr. Risk“? Den tollpatschigen Teenager „Chuck“?
Alles leider nur Mitläufer. Jedenfalls haben sie sich in allen Genres versucht, und zwar tüchtig. Oft gingen die Bemühungen aber nach hinten los.
Die Titelbilder ihrer Horrorserien sind zum Beispiel oft schockierend… langweilig.
Zudem scheint die Redaktion davon besessen, ERKLÄREN zu wollen, was auf dem Cover stattfindet. Ein gutes Cover braucht eben das NICHT. Die obligatorischen und vollkommen überflüssigen Sprechblasen auf den Ace-Covern tun ihr übriges.
Monologe wie „Himmel, haben Sie ein angsteinflößendes Kostüm! Gefällt’s Ihnen denn hier auf der Party? Also ich… Aaaaiiii! Hilfe!“ ziehen den Comic ins Lächerliche, ehe man ihn überhaupt geöffnet hat (siehe Bildbeispiel unten).
Dabei sind die vier Gruselserien von Ace allesamt beachtlich:
THE BEYOND
WEB OF MYSTERY
BAFFLING MYSTERIES
HAND OF FATE
ACE HORROR bietet nach sturem Schema ausschließlich Geschichten von immer 7 Seiten Länge. Und die sind immer ausgeklügelt, elaboriert und spannen oft eine große Dramaturgie auf. Natürlich finden sich auch einige lachhafte Klamotten, aber Ace hat seine Leser nie mit fadenscheinigen 4-5-Seiten-„Quickies“ abgespeist.
Ace-Produkte sind um literarischen Anspruch bemüht und zählen mit den Heften von EC zu den skriptlastigsten Comics ihrer Zeit.
Zudem gibt sich ACE HORROR klassisch, ohne jedoch zu langweilen. Die Geschichten spielen höchst selten auf US-amerikanischem Boden, sondern entführen die Leser in die traditionsträchtigen Länder Europas und Asiens.
ACE HORROR ist vornehmer Horror!
Es finden sich auch weder Schockgeschichten noch Geschmacklosigkeiten. Das mag man einseitig finden, aber ich breche, wo es geht, eine Lanze für den Ace-Verlag.
Die haben nie Schnickschnack, sondern immer Qualität geliefert. Hätten diese Zeichner bei EC gearbeitet, wären sie über den grünen Klee gelobt worden und heute Götter im Comic-Olymp.
Damit kommen wir zu einem kurzen Überblick über das Personal. Ace verfügt über (immerhin) einen Zeichner, der Insidern ein Begriff ist: Lou Cameron.
Der ist aber zu Beginn noch ganz schlecht (und bekommt Rocco Mastroserio als Inker an die Seite gestellt). Erst im letzten Jahr blüht Cameron zu ungeahnter Meisterschaft auf und wagt vor allem layouterisch atemberaubende Experimente.
Die drei anderen Stammzeichner bei Ace heißen Ken Rice, Louis Zansky und Jim McLaughlin – und sind zu entdecken! Parallel zu Cameron leisten Rice und McLaughlin im Jahre 1953/54 Erstaunliches; Zansky ist eine Klasse für sich und arbeitet auf gleichbleibend hohem Niveau. Sein organisch-flüssiger Stil ist mit Gene Colan und Bernard Krigstein verwechselt worden.
Ich hatte die Ehre, ein wenig Pionierarbeit zu leisten und habe mit Hilfe von Jim Vadebonceour, Jr. alle (auch viele weitere) Zeichner identifizieren können. Interessant sind auch die Künstler Lin Streeter, Sy Grudko, Chic Stone und Mike Sekowsky.
Und es gibt noch eine verblüffende Parallele zu EC. Alle Comics von Ace schwenken zum Jahresende 1952 von Handlettering auf Leroy Lettering um. Was EC schon seit Jahren praktiziert (und eigentlich nur, weil Bill Gaines den Letterer Jim Wroten von seinem Vater „geerbt“ hatte).
Aber ich komme schon ins Schwatzen. Wer mehr wissen möchte, ist herzlich eingeladen, meine englische Webseite ACE HORROR zu studieren.
Auf jeden Fall empfehle ich den Blick auf meine Auswahl von Ace-Horrorgeschichten (bunt gemischt), die ich ebendort unter dem Menüpunkt „Stories“ präsentiere.
Je länger ich mich mit Pre-Code-Horror beschäftige, desto größer wird mein Respekt vor Ace.
(Diese Hefte haben tatsächlich kein Schwein interessiert, wahrscheinlich wegen der rotzdämlichen Cover, die haben viel kaputtgemacht, schon gut, ich hör ja auf…)